An einem schönen Herbsttag im Café des Kardinal König Hauses. Dr. Renate Meissl, Umweltbeauftrage der Pfarre Lainz-Speising, hat sich bereit erklärt, uns von ihren Erfahrungen in der kirchlichen Umweltarbeit und vor allem mit dem EMAS-Prozess zu erzählen.
Schon im anfänglichen Gespräch wird das Engagement der Pfarre im Umweltbereich anhand der Themen Lebensmittel und Abfall deutlich:
Dr. Meissl: Generell bemühen wir uns um eine höhere Anerkennung des Wertes unserer Lebensmittel. Weniger ist mehr, das ist der zentrale Ansatz. Weil Lebensmittel viel Grund, Boden, Wasser und Arbeit in der Herstellung brauchen, sollten sie aus nachhaltiger und fairer Produktion stammen. Seit einiger Zeit bemühen wir uns bei Pfarrveranstaltungen wie dem sonntäglichen Pfarrkaffee oder dem Pfarrkirtag, Lebensmittel zu verwenden, die aus der Region stammen. Für den Fair-Trade Kaffee hat sich die EZA-Gruppe unserer Pfarre schon seit über 20 Jahren engagiert. Der Kostbarkeit von Lebensmitteln entsprechen dann auch die Gläser, die wir an Stelle von Plastikbechern bei der Agape verwenden.
ARGE SVA: „Sie haben als eine der wenigen Pfarren eine EMAS-Zertifizierung durchgeführt, welche Gründe waren dafür maßgeblich und welche Erfahrungen machten sie dabei?
Dr. Meissl: Beim Beginn meiner Arbeit als ehrenamtliche Umweltbeauftragte der Pfarre war EMAS anfangs noch kein Thema. Aber ich hatte von Anfang an Unterstützung von anderen Pfarrmitgliedern gesucht, die wie ich bereit waren in einem Team über ein besseres Umgehen mit der Schöpfung nachzudenken. Wir haben ein Umweltteam gegründet. Ab 2009 hat uns, über Anregung aus den Treffen der Umweltbeauftragten der Erzdiözese Wien, EMAS als Pfarre zu interessieren begonnen. Unsere Motivation für die Entscheidung an EMAS teilzunehmen war, dass wir uns mit dem Weg zur Zertifizierung methodischer mit allen ökologischen Ressourcenfragen, die für die Pfarre wichtig sind, auseinandersetzen wollten. EMAS ist ein prozessorientiertes Verfahren, das hilft in der Arbeit systematischer zu werden. Es ging im Nachhinein gesehen vor allem um diese Hilfestellungen, die wir dafür im Laufe des Prozesses von unseren Moderatoren und Seminarbegleitern erhielten.
ARGE SVA: Wie schwierig war es, mit einer Pfarre durch diesen Prozess zu gehen?
Dr. Meissl: Eine große Hilfe war die Unterstützung von außen, der Know-How Transfer. EMAS wird vom Verein zur Förderung kirchlicher Umweltarbeit begleitet, von Herrn Mag. Ernst Sandriesser und Dr. Johann Neumayer. Sie machten die Begleitung für alle Pfarren, die sich für EMAS entschieden hatten. In Seminarmodulen bekommt man zum Beispiel eine Checkliste, die bei der Analyse sehr hilfreich ist. Das EMAS-Handbuch, das wir verwenden, hat sich bei vielen Pfarren in Deutschland und in Österreich bewährt. Es ist klar, dass die EMAS Zertifizierung für eine Pfarre etwas anderes sein muss als für einen auf wirtschaftlichen Gewinn ausgerichteten Betrieb und dieses europaweit empfohlene Umweltmanagementsystem daher für Pfarren angepasst wurde.
Entscheidend war auch, dass das Pfarrleitungsteam mit dem Pfarrer und der stv. Pfarrgemeinderatsvorsitzenden den Beschluss fassten, EMAS in der Pfarre einzuführen. Die Pfarrgemeinderatsmitglieder haben sich mehrheitlich angeschlossen. Für EMAS fallen zwar auch Seminar- und Zertifizierungs-Kosten an, doch werden diese sehr umfänglich durch EU-Mittel über das Lebensministerium gefördert – und wir erhielten als Pfarre auch eine Unterstützung über das Umweltbüro der Erzdiözese Wien.
ARGE SVA: Was waren/sind die größten Herausforderungen?
Dr. Meissl: Die größten Herausforderungen sind sicher die Gebäude, weil es zur Verbesserung der Energieeffizienz (Heizung) schnell um einen erheblichen finanziellen Aufwand gehen kann. Gebäude aus den sechziger Jahren weisen meist schlechte energetische Zahlen auf. Das betrifft zum Beispiel das Lichtband in unserer schönen, denkmalgeschützten Konzilsgedächtniskirche, den Sakristei-Trakt, aber auch andere Gebäude. Die verantwortlichen Gremien unserer Pfarre und unser Team versuchen da so gut es geht, eine schrittweise Lösung zu gehen.
ARGE SVA: Welche Umweltprojekte und -aktionen werden in Pfarre Lainz-Speising noch zusätzlich zu EMAS durchgeführt?
Dr. Meissl: Bei der Müllvermeidung und -trennung wurde viel erreicht trotz anfänglicher Bedenken mancher Pfarrmitglieder. Allein die richtige Platzierung der Sammelsysteme im Pfarrkaffee, das viele verschiede Pfarrgruppen beherbergt, war keine ganz einfache Aufgabe. Es hat zwei Jahre gedauert, ein Trenn-System zu entwickeln, das auch akzeptiert und genutzt wird. Aber erfreulich ist, dass wir im Laufe der Jahre durch die Bemühungen zur Trennung und Vermeidung von Abfall unseren Restmüll um fast die Hälfte verringern konnten.
ARGE SVA: Ein abschließender Rat für andere Pfarren mit Interesse an EMAS?
Dr. Meissl: In Wien haben sich nach uns – so viel ich weiß – zwei oder drei Pfarren auf EMAS vorbereitet. Ich kann nur einladen, sich bei Interesse an das Umweltbüro der Erzdiözese Wien, Herrn Dipl.-Päd. Markus Gerhartinger zu wenden für weitere Informationen. Für die Umweltarbeit ist eine Teambildung unerlässlich – das EMAS-Programm verlangt das auch. Das Umweltteam traf sich in der Vorbereitung von EMAS zumindest alle zwei Monate, manchmal sogar öfter in einem kleineren Kreis. Der oder die Umweltverantwortliche soll den Prozess leiten und koordinieren.
ARGE SVA: Vielen Dank für das Gespräch.